Das Modeblogger-Business wird immer professioneller

Esra führt den Fashion- und Lifestyle-Blog ‘Nachgestern ist Vormorgen’. Der ungewöhnliche Name entstand durch einen Versprecher: “Ich habe übermorgen und vorgestern durcheinandergebracht. Aber die Verwechslung klang irgendwie gut und hat ja auch einen tieferen Sinn. Das hat dann sehr gut gepasst, weil ich meinen Blog wie ein Tagebuch starten wollte.” Seit 5 Jahren gibt es dieses Tagebuch nun schon. Neben Mode geht es auch um Einrichtung, Ernährung und eigene Gedanken. Im Interview erzählt Esra, wie sich die Fashionblogger-Szene über die Zeit geändert hat.

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Medianauten: Liebe Esra, warum hast du angefangen zu bloggen? In welcher Situation warst du damals?

Angefangen habe ich, weil ich eine Plattform wollte, auf der ich mich über Mode austauschen konnte. Ich wollte Gleichgesinnte finden, denn in meinem Freundeskreis hat sich niemand für Mode interessiert.

Was sind die ersten Schritte, die man machen sollte, wenn man einen Blog starten möchte?

Mittlerweile ist alles ganz anders geworden. Als ich angefangen habe, hat man einfach mal losgelegt und geschaut was passiert. Heute sollte man sich aber nicht mehr einfach im Spiegel fotografieren, damit kann man niemanden mehr begeistern. Es gibt sogar Blogger, die haben gleich am Anfang schon einen Businessplan. Das braucht man aber nicht unbedingt. Das Wichtigste ist, dass man den Mut hat überhaupt zu starten. Ich habe einen guten Freund, der das Programmieren für mich übernimmt und darüber bin ich auch sehr froh. Wenn man sich mit dem Erstellen schwer tut, kann man sich Hilfe suchen.

Du hast gesagt alles ist anders geworden. Wie hat sich denn die Modeblogger-Szene verändert?

Das ganze Business ist einfach professioneller geworden. „Blogger“ ist ja mittlerweile ein Beruf. In Deutschland vielleicht noch nicht so anerkannt wie beispielsweise in Amerika, aber es wird langsam. Deshalb achten die Menschen sehr auf hohe Qualität bei ihren Beiträgen und verbreiten ihre Inhalte ganz gezielt. Wenn ich allerdings wissen würde, wie sie das ganz genau machen, wäre ich wahrscheinlich selbst bekannter.

Haben sich die Inhalte der Blogs auch verändert über die Zeit?

Auf jeden Fall und zwar wegen den Kooperationen. Auch bei mir ist das so, dass meine Inhalte oft durch Kooperationen entstehen. Aber ich sehe das eher als Anregung, weil ich nach neuen, spannenden Wegen suche, um die Produkte kreativ einzubauen. Blogs können von Kooperationen unter Umständen also auch inhaltlich profitieren.

Hast du irgendwelche Fehler am Anfang gemacht oder Tipps und Tricks für den Blogstart?

Man sollte wirklich mit einem guten Layout einsteigen. Das muss unbedingt responsive sein, also auch für Handys geeignet. Wenn dann die ersten Kooperationsanfragen kommen, sollte man sich nicht unter seinem Wert verkaufen und nur annehmen, wenn das Produkt wirklich zu einem passt.

Es gibt wahnsinnig viele Blogger im Bereich Beauty, Fashion und Lifestyle. Was macht einen Fashion-Blog deiner Meinung nach erfolgreich?

Oh, bei diesem Thema gibt es sehr viel Heuchelei. Man kann es vergleichen mit der Frage, warum manche so schöne Haut haben. Sie antworten immer, dass sie viel Wasser trinken. Das mag sein, aber sie haben eben auch gute Gene. Wenn diese fehlen, kannst du 5 Liter Wasser am Tag trinken und wirst trotzdem nie so eine schöne Haut bekommen. Und genauso ist es mit dem Erfolg der Mode-Blogs. Die meisten sagen, dass Blogger erfolgreich sind, die hart arbeiten und fleißig sind. Aber das ist nicht alles! Jemand der gute Kontakte hat oder ein Charakter ist, der sich gut durchsetzen kann, der hat es viel leichter. Aber das sagt nie jemand!

Was ist speziell dein Erfolgs-Rezept?

Im Moment habe ich noch nicht so viele Kontakte, versuche aber gerade diese aufzubauen. Bis dahin bleibe ich so wie ich bin und biete den Menschen das an, was ich gut kann.

Was sind No-Gos für Fashion-Blogger?

Über Kollegen lästern finde ich furchtbar! Das sollte man wirklich nicht tun. Was konkret die Mode angeht, gibt es aber keine Tabus. Jeder soll anziehen was er will. Gerade die Vielfalt macht die Bloggerszene so spannend. Wenn jeder das selbe macht und sich alle an die selben Regeln halten, dann wäre es ja langweilig.

Wie erstellst du in der Regel deine Blog-Inhalte?

Mittlerweile habe ich einen Posting-Plan. Da halte ich grob fest, was ich im nächsten Monat veröffentlichen werde. Es kommt schon vor, dass ich einen Gedankenpost spontan verfasse, aber sonst halte ich mich an den Plan. Muss ich auch, weil ich so viele Kooperationen habe und zuverlässig sein muss. Jeder der professionell arbeitet, sollte so einen Plan haben. Früher war alles total spontan!

“Nachgestern ist Vormorgen” ist ein sehr kreativer Name und hat auf den ersten Blick nichts mit Mode zu tun. Was muss man bei der Namesfindung für seinen Blog beachten?

Wenn ich mir nochmal einen neuen Namen geben würde, würde ich wahrscheinlich einen englischen Namen nehmen. Denn ich kann mir vorstellen, dass es für viele englischsprachige Menschen eher schwer ist, meinen Blognamen auszusprechen. Außerdem ist es nie schlecht, das Thema mit einzubauen über das man bloggt.

Mehrere Social Media-Kanäle zu bedienen ist zum Standard geworden. Wie wichtig ist es als Fashion-Bloggerin die Bandbreite der sozialen Medien zu nutzen?

Es ist sehr wichtig, aber auch eine Menge Arbeit. Gerade wenn neue Apps und Plattformen entstehen, überlege ich mir genau, ob ich da mit einsteige, weil das immer noch mehr Arbeit bedeutet. Aber natürlich ist es auch eine große Chance, um neue Leute zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Leute von alleine deinen Blog finden ist gering, also kannst du so nachhelfen.

Mir ist aufgefallen, dass du kein Facebook-Profil für deinen Blog hast. Was hat das für Gründe?

Das ist ganz einfach. Ich höre auf mein Gefühl und ich hatte schon immer eine Abneigung gegenüber Facebook. Ich kann das nicht erklären, aber wenn man kein gutes Gefühl hat, sollte man es lassen. Ich habe auch privat keinen Account dort. Instagram (@nachgestern) nutze ich hingegen sehr aktiv.

Bereitest du deine Inhalte auf den verschieden Kanälen unterschiedlich auf?

Ich versuche das schon jeweils anders zu machen, weil mir Einige auch auf mehreren Kanälen folgen und ich nicht will, dass sie immer nur das Selbe sehen. Deshalb schreibe ich immer einen anderen Text, verwende ein anderes Bild und wähle eine andere Uhrzeit.

Deine Fotos auf dem Blog sind sehr professionell, wie entstehen sie?

Danke dir! Bis so vor einem Jahr, habe ich viel mit Selbstauslöser gearbeitet. Ich hatte es auch ganz gut raus, sodass man das kaum bemerkt hat. Aber mittlerweile shoote ich viel mit befreundeten Bloggern. Das ist super angenehm, denn die wissen genau welche Bilder man haben möchte und schauen nicht komisch, wenn man sagt: „Bitte jetzt nur die Handtasche fotografieren.“ Vor kurzem hatte ich mein erstes Shooting mit einem professionellen Fotografen. Aber ich muss sagen, dass ich mir davon mehr erwartet hätte. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass wir selber ganz gut geworden sind. Mit learning-by-doing haben wir ganz viel auch über Fotografie erfahren und das war eigentlich sehr erbauend, das zu sehen.

Was macht ein gutes Foto für einen Mode-Blog aus?

Ich würde am liebsten allen gesetzlich verordnen, dass sie ihre Fotos auf ihren Blogs gleich breit machen. Man sieht oft schöne Fotos, aber wenn die alle unterschiedlich breit sind, dann wirkt das Layout extrem unruhig. Auch wichtig ist es, dass die Bilder scharf sind, dass das Licht passt und dass der Bildausschnitt stimmt. Die Bilder auf dem Blog müssen einfach einen harmonischen Eindruck machen.

Hast noch mehr Tipps zum Layout, neben den einheitlichen Bildern?
Es sollte responsive sein. Das ist heutzutage wirklich wichtig. Wenn es eine Sidebar gibt, dann am besten ganz clean halten. Ich bevorzuge außerdem helle Hintergründe. Wenn ein Blog schwarz ist, mit weißen Buchstaben darauf, dann flimmert mir das vor den Augen. Die Inhalte können noch so gut sein, ich mag sie dann nicht lesen. Überhaupt sollte man alles reduziert gestalten, nichts überfrachten, dann können sich die Leser auf den Inhalt konzentrieren.

Du veröffentlichst nicht nur Fotos und beschreibst die neusten Trends, sondern du berichtest auch über Food-Trends oder über Orte an die du gereist bist. Ist das für nur für dich persönlich wichtig oder sollten das andere Fashion-Blogger auch so machen?

Jeder Mensch sollte genau das machen, was ihm am meisten entspricht. Ich persönlich liebe die Vielfalt und Abwechslung, deshalb sieht man das auch auf meinem Blog. Aber es gibt auch Blogs die ausschließlich Outfits posten und viel mehr Follower haben. Keiner der beiden Wege ist das Geheimrezept, um erfolgreich zu sein. Man muss seine eigenen Präferenzen finden.

Über welches CMS läuft dein Blog? Und was ist deine Erfahrungen?

Über WordPress und das funktioniert gut. Das Einzige was mich stört ist, dass bei dem Hochladen von Bildern circa 10% der Qualität wegkomprimiert werden. Manchmal merke ich das richtig, dass ein Bild schlechter aussieht, als gerade noch abgespeichert.

Verdienst du inzwischen Geld mit deinem Blog?

Ja.

Wie verdienst du Geld?

Durch Links oder Advertorials. Aber in letzter Zeit ergeben sich immer mehr neue, spannende Wege, um Geld zu verdienen. Einmal sollte ich für eine Homepage Möbel fotografieren und jetzt ist das Foto auch auf deren Visitenkarte. Und ein anderes Mal habe ich einen Talent-Award als Bloggerin journalistisch begleitet. Das war super spannend.

Was sollte man bei Werbung, Sponsoring ect. beachten?

Seid mutig und verlangt mehr, als angeboten wird. Die Meisten lassen mit sich handeln. Was leider ganz wenige Blogger auf dem Schirm haben ist, dass wenn sie zu wenig verlangen, sie damit den Markt verderben. Am besten wäre es, wenn die ganzen Zahlen transparenter werden und wenn alle sich darauf einigen mehr zu verlangen.

Was ist dein schönstes Blog-Erlebnis bisher?

Das ist dann wohl doch die Fashion-Week. Aber als Gesamtpaket und nicht nur die Shows – auch das Kulturangebot, Ausstellungen etc. Ausserdem trifft man Gleichgesinnte und Leser, die einem sagen, dass sie den eigenen Blog gerne lesen. Das motiviert total! Ich bin ja jetzt relativ frisch zurück aus Berlin und ich habe so viele Ideen, dass ich das Gefühl habe mein Kopf platzt.

Was hast du dir für die Zukunft deines Blogs vorgenommen?

Ich möchte auf jeden Fall mehr Leute erreichen, vor allem weil das auch mehr Austausch bedeutet. Mein Ziel ist es nicht das Bloggen hauptberuflich zu machen, ich habe einen sehr schönen Beruf von dem ich leben kann, sondern als zweites Standbein.

Was würdest du jemanden mit auf den Weg geben, der einen Fashion-Blog betreiben möchte?

Nehmt euch nicht zu ernst. Heutzutage bekommt man so viel Perfektion vor die Nase gesetzt, dass man manchmal denkt: “Oh Gott, mein Aussehen, meine Leistung, meine Persönlichkeit reichen nicht.“ Aber das ist totaler Blödsinn, weil man eben nicht mitbekommt, dass alle nur mit Wasser kochen. Also genießt einfach das was ihr macht und verabschiedet euch vom Anspruch auf Perfektion.

Bildquelle: © nachgestern ist vormorgen

3 Kommentare
  1. Katharina Kunzmann
    Katharina Kunzmann sagte:

    Liebe Esra,

    Vielen Dank an dich für das tolle Interview!
    Es hat mich sehr gefreut dich kennen zu lernen.

    Liebe Grüße, Katharina

    Antworten
  2. Fiona
    Fiona sagte:

    Hey Esra,
    bin eben über deinen Blog auf dieses tolle Interview gestoßen. Bekommst einen dicken Daumen nach oben von mir 🙂
    Viele Grüße, Fiona

    Antworten

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