Der Alltag eines Berufsfotografen – anders als gedacht

Tom bei der Arbeit

Samstag, 21:30 Uhr, laue 19 Grad und ein zartes Lüftchen. Während die Nachbarn diesen schönen Frühlingstag mit dem letzten Bierchen ihres Grillabends ausklingen lassen, sitze ich vor meinem Rechner und höre der Festplatte beim Rattern zu. Warum ich das mache? Ich bin Berufsfotograf.

Rückblick

Vor einigen Jahren sah es auch bei mir noch anders aus. Ich, Tom, ging einer geregelten Festanstellung als Mediengestalter nach und hätte meinen freien Samstag vermutlich anders verbracht, als mit 12 Kilo Gepäck 10 Stunden auf einer Hochzeit von Motiv zu Motiv zu eilen. Damals war die Fotografie ein Hobby, das ich ausleben konnte wann ich wollte und wie ich wollte. Heute hat sich das Blatt gewendet, mit all seinen Vor- und Nachteilen.

22:15 Uhr und einen Espresso später

1453 Stück digitale RAW-Dateien haben Ihren Weg auf den Rechner gefunden. Nun nur noch auf der Sicherungsfestplatte ein Backup machen und dieser anstrengende Tag findet sein Ende. Anders als viele Menschen denken, ist speziell die Hochzeits- und Reportagefotografie ein kompromissloser Knochenjob. „Abends weißt du, was du getan hast“ – dieses Sprichwort kann ich zu 100% unterschreiben. Ab ins Bett.

„Jetzt bist du dein eigener Chef“

Wie alles im Leben hat auch die Berufsfotografie Vor- und Nachteile. Als Fotograf, der von seiner Tätigkeit leben muss, erlebst du unvergessliche Momente an wunderschönen Orten und arbeitest mit glücklichen Menschen zusammen, die dankbar für die Erinnerungen sind, die du ihnen mit deinem Talent schenkst. Und dann gibt es Phasen, in denen du vergeblich nach Aufträgen gierst, dich leere Stellen im Kalender zu existenziellen Sorgen treiben und du anzweifelst und hinterfragst, ob das wirklich das Leben ist, das du dir vorgestellt hast. „Sei froh, du bist dein eigener Chef“ – diese Worte hört man von Außenstehenden oft. Doch damit bist du auch alleine für dich und deine Existenz verantwortlich.

Dieser sehr kritische Einstieg in die Serie ist bewusst so gewählt. Viel zu oft wird der Schritt zum Berufsfotografen überstürzt, mit dem Blick durch die rosarote Brille gewagt, was dazu beiträgt, dass viele frischgebackene Berufsfotografen nach wenigen Jahren ihren neu eingeschlagenen Weg frustriert wieder aufgeben. Es genügt längst nicht, seine Kamera zu beherrschen, Aufträge an der Hand zu haben oder kreativ zu sein. Man muss charakterlich für diesen Job geeignet sein und vom sympathischen Dienstleister bis hin zum knallhart kalkulierenden Geschäftsmann sehr viele Dinge in einer Person vereinen, um dauerhaft auf dem Markt zu bestehen.

Es gibt immer zwei Seiten

All diese fast schon abschreckend wirkenden Fakten haben allerdings unbestreitbar ihren Gegenpol. Dieser Moment, wenn du einem Brautpaar ihre Hochzeitsfotos übergibst und selbst beim Bräutigam die Tränen in den Augen stehen siehst, wiegt alles wieder auf. Von einer Sekunde auf die andere vergisst du als leidenschaftlicher Fotograf, wie viel du am Hochzeitstag geschwitzt hast, wie viele Stunden du am Rechner mit der Nachbearbeitung verbracht hast – du hast zwei Menschen eine unvergessliche Erinnerung beschert. Mit deinen Händen, deiner Gabe, deiner Arbeit . Das ist Bestätigung in Reinform.

Sei dir bewusst, was sich ändert

…. denn es wird sich viel ändern, wenn du vom ambitionierten Hobbyfotografen „über Nacht“ zu einem Unternehmer wirst, der von seinem Hobby oder seiner Leidenschaft überleben muss. Während du früher Projekte oder Ideen selbst aussuchen und umsetzen konntest, hast du nun nicht immer eine Wahlmöglichkeit. Dafür verdienst du – und es dauert erfahrungsgemäß bei vielen Menschen einige Zeit, bis sie das realisieren – wirklich richtiges, echtes Geld mit einer Tätigkeit, die dir Spaß macht. „Das Hobby zum Beruf gemacht“ , ein weiteres nur all zu gut bekanntes Sprichwort, das man von vielen Seiten zu hören bekommt. Du arbeitest nun nicht mehr im Büro für einen gestressten Chef, sondern für dich – und das mit einem Handwerk, das du dir selbst bewusst ausgesucht hast. Ist das nicht auch toll? Ja, das ist es!

Wie ihr an der gesamten Geschichte unschwer erkennt, öffnen sich nach dem Wechsel zum Berufsfotografen viele Türen, während andere zufallen. Oft rechnet man zuvor nicht mit all den Veränderungen, die der Wandel vom Hobby zum Beruf unweigerlich mit sich bringt. Diese Serie soll einen Einblick geben, zum kritischen Abwägen anregen aber genauso die zahlreichen Vorteile und Freuden dieses Berufes aufzeigen.

Welche Vor- und Nachteile ergeben sich, mit was habe ich gerechnet und was hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm? Und vor allem: Wie starte ich richtig und ohne großes Risiko in meinen neuen Weg als Berufsfotograf? Teil 2 soll über die ersten Schritte Aufschluss geben.

Bildquellen: © Thomas Bauer Fotografie 

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