Berufsfotograf werden: Soll ich neben- oder hauptberuflich starten?

Tom beim Fotografieren

Wenn Ihr den Schritt vom Hobby- zum Berufsfotografen macht, ergeben sich unweigerlich einige Änderungen. Ihr solltet schon vorher genau abgewogen haben, in welcher Form ihr in die gewerbliche Fotografie einsteigen möchtet. Der Schritt vom Hobbyfotografen zur gewerblichen Tätigkeit ist formell recht schnell vollzogen. Ein Besuch in der örtlichen Gemeinde/Rathaus bzw. einem entsprechendem Amt genügt, um einen Gewerbeschein in Händen zu halten. Doch der Schritt in die Selbstständigkeit sollte wohl überlegt sein. In dieser Folge will ich deshalb eine Grundsatzentscheidung näher erklären, die erheblichen Einfluss auf eure gesamte Zukunft hat.

Hauptberuflich oder nebenbei?

Diese Entscheidung steht an erster Stelle. Die wenigsten Fotografen steigen direkt hauptberuflich ein, da die Risiken zum Start enorm sind. In den meisten Fällen wird die risikoärmere Variante gewählt, die bezahlte Fotografie zunächst als Nebengewerbe zum Hauptjob laufen zu lassen.

Finanzielles Polster

Im Gegensatz zu einem hauptberuflich tätigen Fotograf, verdient ihr euren Lebensunterhalt mit eurem Hauptjob. Damit fällt enorm viel Druck ab, denn ihr seid nicht gezwungen, mit der Fotografie über die Runden zu kommen. Mögliche Aufträge sind ein „Taschengeld“ zusätzlich zu eurem Haupteinkommen. Ungeplante Ausgaben im Privatleben oder Krankheitszeiten gefährden damit nicht sofort eure komplette Existenz. Diese finanzielle Sicherheit ist daher eines der durchschlagendsten Argumente dafür, dass viele Fotografen zunächst nebenberuflich tätig sind.

Portfolio und Kundenstamm aufbauen

Ohne ein ansprechendes, umfangreiches Portfolio mit Referenzen und Beispielfotos hat man auf dem hart umkämpften Markt kaum eine Chance. Wer direkt in die hauptberufliche Tätigkeit starten will, muss diese Dinge vorweisen können. Aus dem Stand ist das kaum möglich. Durch den Start als Nebenberufler könnt ihr gezielt Fotojobs realisieren, und so ein gut abgedecktes Portfolio aufbauen.

Ein weiterer wichtiger und dennoch oft unterschätzter Punkt: Der Aufbau eines Kundenstamms. Ohne Kunden – keine Aufträge. Ohne Aufträge – kein Einkommen. Der Aufbau von Stammkunden ist ein mühsamer Weg, der sich sehr oft über viele Jahre zieht, dabei aber enorm wertvoll ist. Wie schon beim Thema Portfolio habt ihr auch hier die Möglichkeit, euch Stück für Stück auf dem Markt zu etablieren, zufriedene Kunden zu generieren und damit eine Basis für eure Tätigkeit als bezahlter Fotograf zu schaffen.

Flexibilität und geringerer Druck

„Ich muss nicht, ich kann“. Diesen Satz würden Fotografen, die frisch in die hauptberufliche Vollzeit-Selbstständigkeit eingestiegen sind, auch gerne sagen. Als nebenberuflich tätiger Fotograf kann man sich diesen Luxus noch gönnen, da die Fotografie lediglich ein Bonus ist. Als Hauptberufler brauchst du zwingend Aufträge und kannst sie, beispielsweise in einem schlechten Monat, nicht mehr nach deinen persönlichen Vorlieben aussuchen. Man nimmt, was kommt – weil man muss. Leerlauf ist verlorenes Einkommen, ohne Einkommen wird es eng. Daher muss jeder Fotograf in seiner Anfangszeit den einen oder anderen Job annehmen, den er eigentlich lieber ablehnen würde. Die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, bleibt am Anfang oft auf der Strecke. Das kann zu Beginn frustrierend sein, muss euch aber klar sein.

Praxiserfahrungen und Selbstfindung

Viel wichtiger als die blanke Theorie, ist die Praxis. Viele Probleme – egal ob persönlicher oder geschäftlicher Natur – ergeben sich erst im Verlauf des Praxisalltags. Seid ihr zunächst nebenberuflich tätig, habt ihr die Möglichkeit euch selbst auszuprobieren.
Habe ich noch Spaß mit der Fotografie, wenn ich sie professionell und bezahlt betreibe? Komme ich mit der Organisation klar? Bringe ich die nötige Disziplin mit? Sind ungeregelte Arbeitszeiten und ein hohes Maß an Bürotätigkeit wirklich auf Dauer etwas, mit dem ich klarkommen kann?
Diese Fragen müsst Ihr euch stellen und beantworten, bevor ihr direkt hauptberuflich einsteigt.

Der Start als Nebenberufler bietet zwar überwiegend Vorteile, jedoch auch einige wenige Nachteile:

Überlastung und Freizeit

Seid ihr Vollzeit tätig, bleiben euch für die Fotografie nur noch die Wochenenden oder der Feierabend. Was in anfänglicher Begeisterung meist kein Problem ist, kann sich schnell dazu entwickeln. Nach einer harten Woche im Hauptberuf steht nun auch noch eine ganztägige Hochzeit an. Kaum vom Büro daheim, muss schon alles für den Folgetag vorbereitet werden. „Wieder nicht ausschlafen. Wieder keine Zeit für die Freunde. Montag wieder ins Büro.“ Schnell leiden darunter die Motivation und Kreativität – und gerade das ist Gift für einen Fotografen. Seid euch bewusst, dass ihr damit umgehen müsst und im Gegensatz zu einem Hauptberufler zweigleisig funktionieren müsst.

Hauptjob und Selbstdisziplin

Je nach Arbeitsvertrag solltet ihr die Nebentätigkeit mit eurem Chef absprechen. Zwar gibt es eine Regelung, dass eine Nebentätigkeit genehmigungsfrei ist, sofern sie eure Leistung im Hauptjob nicht beeinträchtigt, klar davon abgegrenzt ist und keine Konkurrenz dazu darstellt – ein persönliches Gespräch mit eurem Arbeitgeber ist aber dennoch zu empfehlen. Diese Bedingungen existieren nicht grundlos, denn nicht jeder Mensch schafft es, dass der Hauptberuf nicht unter der neuen Tätigkeit leidet.

Was zudem leidet, ist die Selbstdisziplin. Wie schon im Absatz „Freizeit“ angerissen, fällt es oft schwer, sich zu motivieren, wenn entsprechende Sicherheit sowieso durch den Hauptberuf gegeben ist. Dieses Thema ist also Vor- und Nachteil zugleich. Zwar sichert euch der Hauptberuf ab, sorgt aber auch dafür, dass ihr schnell Dinge schleifen lasst oder verschiebt, da ihr keinen unmittelbaren Druck habt. Wer damit umgehen kann, hat keine Probleme. Wer anfällig dafür ist, muss es lernen.

Im nächsten Teil dieser Serie soll geklärt werden, was euch erwartet, wenn ihr euch für den Schritt des hauptberuflichen Einstiegs entscheidet.

Bildquelle: © Thomas Bauer Fotografie

3 Kommentare
  1. Stephan
    Stephan sagte:

    Hallo,

    danke für den super Artikel!
    Ich stehe voll hinter dem geschriebenen. Nebenbei ists ohne druck..aber die Motivation geht oft flöten.
    DRAN BLEIBEN ist wichtig! Bleib am Ball und du kommst weiter!

    Mich würde das Thema „Wie mache ich mich als Neuling in der Fotografie bekannt“ oder „Wie baue ich mir ein stabiles Netzwerk auf“.
    Diese Frage wurde hier aufgeworfen aber nicht beantwortet.

    Grüße
    S.E.

    Antworten
  2. Anna
    Anna sagte:

    Vielen Dank für die nützlichen Tipps. Nach langer Recherche, finde ich eure Blogeinträge mit am besten verpackt mit den nötigsten Informationen!
    Das hat mich nun einen großen Schritt weitergebracht! 🙂

    Viele Grüße
    Anna

    Antworten

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